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Busenfreundin International

Corrective Rapes in Südafrika

Anfang des Jahres besuchte Elisabeth Real Ricarda in „Busenfreundin – der Podcast”. In der Folge zum Thema „Corrective Rapes” gab die Schweizer Journalistin Einblicke in ihre Arbeit über das Leben von Lesben in Afrika. Das Thema ist bis heute eines der emotionalsten in der Busenfreundin-Historie. Wir, von „Busenfreundin – das Magazin”, haben bei Elisabeth angeklopft und wollten wissen, wie es ihr ein knappes halbes Jahr später geht, wo sie gerade ist und was ihre Pläne sind. Den folgenden Artikel ließ uns Elisabeth zukommen:

Ein halbes Jahr lebe ich nun schon in Anakao, einem Fischerdorf im Südwesten Madagaskars, das sich an eine türkisblaue Lagune schmiegt und nur per Boot erreichbar ist. An mondlosen Nächten taucht das Glimmen der Milchstraße die Hütten und die am Strand parkierten Piroguen in einen nebligen Schleier. Ich kam ursprünglich für einen Surfurlaub hierher. Als der Präsident wenige Tage nach meiner Ankunft ankündigte, die Insel wegen Covid-19 abzuriegeln, aber trotzdem noch kurz die Möglichkeit bestand, seine Siebensachen zusammenzuraufen, Flüge umzubuchen und den Rückweg nach Europa anzutreten, beschloss ich zu bleiben.

Seit zwei Jahren verbringe ich einen Großteil meiner Zeit in Madagaskar. Die Vorstellung, wegen Corona in die Schweiz zurückzukehren, ohne zu wissen, wann ich das Meer und die Insel je wiedersehen würde, erschien mir unerträglich.

Die Hauptstadt Madagaskars, Antananarivo, ist seit März abgeriegelt und die Fallzahlen dort steigen. In Anakao gibt es keine Covid-19-Kranken, aber eine Ausgangssperre, und die Schule ist seit März geschlossen. Manchmal kommen Gendarmen für ein paar Tage vorbei und patrouillieren, dann tragen alle Dorfbewohner brav ihre Masken. Kaum reisen sie ab, werden diese wieder verstaut. Der Lockdown, der sich seit März hin zieht, hat mit den Leben der Menschen hier nichts zu tun und ich habe den Eindruck, es fällt ihnen schwer, die Tragweite der Pandemie zu erfassen: Die wenigsten sind schon je aus der Provinz heraus gekommen.

Ich werde wohl noch so lange hier bleiben, bis sich die Situation wieder normalisiert. Momentan ist es nicht möglich, sich frei auf der Insel zu bewegen, und außer gelegentlichen, teuren Evakuationsflügen ist der internationale Flugverkehr suspendiert.

Bevor ich nach Anakao kam, war ich in Südafrika, unter anderem, um den Frauen, die Teil von „When You Come Back, I Might Be Dead” waren, ein Exemplar des fertig gedruckten Werks zu überreichen und zu erfahren, wie es ihnen ergangen ist, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Es war wunderbar, so viele von ihnen wiederzusehen, und einige, die nicht an der Buchparty teilnehmen konnten, schickten mir danach Herz erwärmende Videos mit kurzen Nachrichten.

Ganz besonders gefreut habe ich mich, Manika wiederzusehen, eine meiner besten Freundinnen überhaupt und meine Fixerin in Johannesburg. Wir haben Pläne geschmiedet, uns ein paar Wochen später wiederzusehen (ich hätte einen Auftrag in Südafrika gehabt, der nun aber auf ein unbestimmtes Datum verschoben wurde), um mehr Zeit miteinander verbringen zu können, aber Covid-19 hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir schreiben uns ab und zu und es geht ihr gut.

Der Abschluss dieses Buchprojekts, an dem ich sieben Jahren gearbeitet hatte, war gleichzeitig schockierend und befreiend. Plötzlich ohne Mission dazustehen, so alleine, ist etwas, an das ich mich immer noch gewöhnen muss. Andererseits habe ich nun endlich Zeit, mich um mein eigenes Leben zu kümmern und etwas weniger rastlos zu werden. Und in zwei Jahren möchte ich dann Band 3 des Lesbian Lives Projects in Angriff nehmen! Ich freue mich schon darauf.

Über das Buch

In den Townships von Südafrika kommt es oft zu Vergewaltigungen bis hin zu Morden an schwarzen Frauen durch Männer, die ihnen eine Lektion erteilen und sie zu „richtigen“ – das heißt, heterosexuellen – Frauen machen wollen. Zwar schützt die Verfassung Südafrikas Lesben vor Diskriminierung und garantiert ihnen volle Gleichstellung, doch werden solche Hassverbrechen selten verfolgt. Dieses Buch untersucht die Kluft zwischen den fortschrittlichen Gesetzen Südafrikas und der tristen Realität und gibt Einblicke in den Alltag von schwarzen Lesben im heutigen Johannesburg.

Über das Lesbian Lives Project

Für das Lesbian Lives Project habe ich über die letzten Jahre lesbische Frauen auf der ganzen Welt fotografiert und mit ihnen Gespräche geführt mit dem Ziel, Lesben sichtbarer zu machen und die Aufmerksamkeit auf ihre gesetzliche und soziale Diskriminierung zu lenken. In manchen Ländern werden Lesben staatlich verfolgt und landen im Gefängnis, in anderen haben sie gewisse Rechte, von gänzlicher Gleichberechtigung mit heterosexuellen Frauen und Männern sind sie jedoch weit entfernt. Ich habe festgestellt, dass sich lesbische Frauen aufgrund dieser Ungleichheit und des sozialen Stigmas machtlos und traumatisiert fühlen. Wollen wir als globale Gemeinschaft weiterkommen, so müssen wir meiner Überzeugung nach so schnell wie möglich allen Menschen gleiche Rechte zugestehen.

Die Geschichten der Frauen werden als Buchreihe veröffentlicht. Die ersten beiden Bände erschienen 2018 und 2019 und befassen sich mit den Gefahren, Kämpfen und Diskriminierungen, mit denen Lesben heute in Südafrika und in der Schweiz konfrontiert sind.

Über Elisabeth Real

Elisabeth Real ist Schweizer Freelance-Fotografin und lebt in Madagaskar. Sie fotografiert für internationale Redaktionen und Firmen. Daneben verfolgt sie als Schwerpunkt ihrer eigenen Arbeit langfristige journalistische Projekte. Reals erstes Buch “ Army of One” erschien 2013 und untersucht das Leben US-amerikanischer Veteran:innen nach dem Irak-Krieg. Seit 2012 arbeitet sie am Lesbian Lives Project.

Hier findet ihr weitere Informationen zum Lesbian Lives Project.


Habt ihr schon Bücher von Elisabeth Real gelesen? Was denkt ihr über die beschriebene Lebensrealität der Frauen in Südafrika? Schreibt es uns in den Kommentaren!


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