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“Du tust, was ich will!”: Gewalt in homosexuellen Beziehungen

Jana* steht auf Frauen. Dass die dem Geschlecht zugesprochene Zartheit nicht immer zutrifft, erfuhr sie in einer Beziehung, in der sowohl psychische als auch physische Gewalt zur Normalität wurden. Wie sie damit umging, erzählt Jana das erste Mal hier bei “Busenfreundin – das Magazin”.

“Das erste Mal verunsichert war ich bereits nach ein paar Wochen. Ich war von einer ihrer Ex-Freundinnen, mit der ich befreundet war, gewarnt worden, hatte von nach ihr geworfenen Büchern, eiskaltem, berechnenden Verhalten und Einsperrtaktik gehört. Dass es tatsächlich so kommen sollte, hatte ich allerdings nicht gedacht.”

Davon zu erzählen fällt Jana noch immer schwer. Die 30-Jährige war anderthalb Jahre in einer Beziehung, in der psychische und physische Gewalt ihre ständigen Begleiter waren. Ein Damoklesschwert, das immer dann auf sie herabstieß, wenn sie sich nicht so verhielt, wie ihre Partnerin es für angemessen hielt. Wochenlang bermerkte sie nicht, was in ihrer neuen Partnerin schlummerte. Birte war zuvorkommend, brachte sie häufig zum Lachen und las ihr jeden Wunsch von den Augen ab.

Obwohl die Beziehung bereits acht Jahre her ist, erinnert sich Jana gut an dieses erste Erlebnis, bei dem sie sich fragte, was gerade passierte.

Sie ignorierte mich und ich wusste nicht einmal, ob sie mich hereinlassen würde

Weil Jana nicht zu einem Fußballspiel ihrer Freundin Birte kam, ignorierte diese nach Spielende zunächst jegliche Versuche der Kontaktaufnahme und drückte Jana am Handy weg. Als sie endlich den Hörer abnahm, waren ihre Antworten kühl und kurz angebunden. Dann plötzlich ein “Fick dich” und ein Klicken. Jana dachte zunächst, sie habe sich verhört. “Sie hatte einfach aufgelegt und ignorierte mich. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Es war die Wochen vorher nichts Derartiges passiert, wir waren verliebt. Meine Klamotten waren in ihrer Wohnung, mein Portmonnaie, der Autoschlüssel, einfach alles – und ich wusste nicht einmal, ob sie mich hereinlassen würde. Ich war 120km von zu Hause entfernt gestrandet.”

Heute weiß Jana, dass damals die Gewalt ihren Anfang nahm. Diese erste Reaktion ihrer Partnerin und ihre eigene Reaktion darauf waren der Grundstein für eine destruktive Beziehung, aus der sie lange Zeit nicht herausfand.

“Anfangs waren es nur Kleinigkeiten, die in Streit ausarteten. Mit der Zeit wurde es aber immer schlimmer. Ich schrieb mit einer Freundin, die früher mal auf mich stand, und sie rastete vollkommen aus. Ich war zu lange bei meiner besten Freundin und sie rief gut 30 Mal an. Ich formulierte etwas in ihren Augen falsch und sie beschimpfte mich. Streit ging über Stunden. Am Ende verdrehte sie alles so, dass immer ich die Schuldige war.”
Wie oft Jana sich in den anderthalb Jahren entschuldigt hat, weiß sie nicht mehr. Ihre Versuche, Probleme konstruktiv zu lösen, unterließ sie schnell: “Dann wurde es noch schlimmer.”

Ich hatte Angst um meine Sicherheit

Andauernde Kontrolle, heimliche Überprüfungen ihres Handys und stundenlange Streitereien sorgten für einen zunehmenden Einbruch ihres Selbstwertgefühls. Ging sie nachts nicht ans Handy, wenn ihre Freundin anrief, war Jana gezwungen, auch das Haustelefon auszustecken, sonst hätte Birte Janas Eltern, bei denen sie zu der Zeit noch lebte, geweckt. Meist aber wagte sie das nicht. Dann gingen die Diskussionen bis in die frühen Morgenstunden. Der fehlende Schlaf schlug sich auch in ihrer Arbeit nieder: Jana konnte anfallende Aufgaben nicht mehr zufriedenstellend erfüllen und verlor letztlich ihren Job.

Auch aus dem Sozialleben zog sich die junge Frau zunehmend zurück, um Streit zu vermeiden, aber auch aus Scham. „Ich war dabei, auf ganzer Linie zu versagen. Mein Leben war völlig außer Kontrolle.“ 

Das ihr eigene Lachen, so sagen ihre Freunde, hatte Jana da längst verloren. Manche brachen den Kontakt zu ihr ab – sie verstanden nicht, warum sie blieb. “Das war keine freie Entscheidung mehr – ich hatte Angst vor ihr.” erzählt Jana und fährt fort „Zumal Niemand mir glaubte. Fast ein Jahr lang war ich die, die nur übertrieb oder log, weil Birte vor anderen immer lieb und zuvorkommend war. Es war für mein Umfeld unvorstellbar, dass sie bei mir anders sein könnte.“ 

Janas Isolation und psychische Belastung nahmen weiter zu, als Birte sie das erste Mal körperlich angriff. Sie fühlte sich durch Jana provoziert – und trat ihr gegen das Schienbein. 2 Wochen schimmerte es dunkelviolett bis grün. Die Entschuldigung danach war beinahe obligatorisch: Provokation, so Jana, wurde ihr häufig unterstellt. Nach der Eskalation folgten zumeist Entschuldigungen, nicht aber ohne das vorherige Schuldeingeständnis Janas. Das Gefühl, selbst Schuld zu sein und sich offensichtlich nicht genug gegen ihre Partnerin zu wehren, machten es dieser leicht, die Grenzen kontinuierlich zu überschreiten und zu erweitern.

Es kam zu Schubsern, bei denen sie durch die Wucht des Angriffs gegen die Tür knallte oder hinfiel. Von dem Festhalten ihrer Handgelenke, bis durch das Einschneiden Birtes Fingernägel das Blut lief, hat sie noch heute Narben. Einmal wurde sie fast überfahren. Die Wende brachte letztlich eine Situation, über die sie bis heute kaum sprechen kann: Birte nötigte Jana sexuell.

Psychisch am Ende ihrer Kräfte, machte sie mit. Als sie danach weinend neben ihr lag – dem Menschen, bei dem sie sich eigentlich hätte sicher fühlen sollen – und ignoriert wurde, war der Punkt gekommen, an dem sie sich entschloss, zu gehen. “Ich habe mich geschämt. Es war so erniedrigend, dass ich es kaum aushielt.”

Die sexuelle Nötigung war der Grund, endlich gehen zu können

Jana schaffte den Absprung. Aus Selbstschutz beendete sie die Beziehung per Handy. Das Letzte, das sie von Birte hörte, war, sie solle sich zum Teufel scheren.
Eine Woche brauchte Jana, um zu registrieren, dass sie den Absprung tatsächlich geschafft hatte. Dann wich die Angst der Erleichterung. Ohne ihre engsten Freunde, die während all der Zeit für sie da waren, hätte sie es aber nicht geschafft, sagt sie. “Was dann noch passiert wäre, weiß ich nicht. Es war gut, dass sie da waren. Ich kann nur jedem Menschen, der in so einer Situation ist, sagen: Gebt nicht auf. Vertraut euch jemandem an, bittet um Hilfe. Es gibt einen Ausweg.”.

Der Kampf zurück ins Leben brauchte einige Zeit. Noch heute gibt es Sätze oder Bewegungen, die Jana triggern. Dann kehren die Bauchschmerzen zurück und sie muss kurz durchatmen, sich ins Jetzt zurück denken. Aber sonst, so sagt sie lächelnd, gehe es ihr gut. Das Leben hat sie wieder.

*Namen geändert.


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Autorin: Debbie

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2 comments

  1. Interessanter Bericht! Hätte nicht gedacht, dass Frauen so krass sein können. Ist ja hoffentlich selten sowas und daher noch interessanter so etwas zu lesen. Danke:)?

    1. Hallo Natalie! Ja, wir waren auch überrascht, wie Gewalt in LGBT+-Beziehungen vertreten sein kann und finden, dass das daher umbedingt zur Sprache kommen muss. Danke für dein Feedback!

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