Eine Anwaltskanzlei, die sich ausschließlich um die Rechte von Frauen und LGBTIQ+ kümmert – diesen Traum erfüllten sich die beiden Rechtsanwältinnen Katja Dunkel und Rebecca Richter im März 2021. In ihrer frisch gegründeten Kanzlei DUNKEL RICHTER stehen marginalisierte Gruppen im Vordergrund. Was sie antreibt, warum Safe-Spaces auch im Rechtswesen wichtig sind und ob LGBTIQ+ wirklich öfter rechtlichen Beistand brauchen? Das erfahrt ihr im exklusiven Interview in „Busenfreundin – das Magazin”!
DUNKEL RICHTER wurde am 8. März 2021, dem Internationalen Weltfrauentag, von Katja Dunkel (rechts im Bild) und Rebecca Richter in Berlin gegründet. Die Kanzlei ist auf Medienrecht spezialisiert und will vor allem Frauen und LGBTIQ+ unterstützen. Mehr über die DUNKEL RICHTER erfahrt ihr hier oder auf Instagram.
Busenfreundin-Magazin: Eine Kanzlei, die insbesondere die Rechte von Frauen und LGBTIQ+-Menschen vertreten will – warum ist euch das wichtig?
Katja Dunkel & Rebecca Richter: Wir sind der Ansicht, dass es einen „Safe Space“ auch im Rechtswesen geben sollte. Wir wollen einen Raum schaffen, in dem sich unsere Fokusgruppe ohne Zweifel und Einschränkungen verstanden, gehört und repräsentiert fühlt. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass queere Menschen in einzelnen Anwaltskanzleien nicht willkommen waren. Solche Hindernisse haben andere gesellschaftliche Gruppen vielleicht weniger. Daher gründeten wir unsere Kanzlei, die versucht, allen Menschen einen Zugang zum Recht zu geben.
Busenfreundin-Magazin: Haben Frauen und LGBTIQ+-Menschen andere rechtliche Probleme als jene, die nicht Teil dieser Gruppierungen sind?
Katja Dunkel & Rebecca Richter: Zu den rechtlichen Problemen gehören vor allem Hate Speech, Diskriminierung und sexualisierte Gewalt. Diese decken wir auf der zivilrechtlichen Seite ab. Das bedeutet, wir machen Unterlassung- und Schadensersatzansprüche geltend und gehen nach dem AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) vor.
Zudem gibt es vor allem im Familien-, Sozial- und Asylrecht besondere Erschwernisse für queere Menschen.
„Es gibt einen Bedarf an sensibler Rechtsberatung für die queere Community!”
Katja Dunkel & Rebecca Richter von DUNKEL RICHTER im Interview
Busenfreundin-Magazin: Was reizt euch daran, Frauen und LGBTIQ+ zu supporten?
Katja Dunkel & Rebecca Richter: In unserer Berufslaufbahn haben wir beide festgestellt, dass immer noch patriarchale, recht konservative Strukturen die Anwaltschaft durchziehen. Teilweise waren wir selbst – als (queere) Frauen – mit Sexismus konfrontiert und fühlten uns nicht immer respektiert und gewertschätzt.
Außerdem sind Frauen und queere Menschen noch immer in Führungspositionen unterrepräsentiert. Wir versuchen diese Strukturen zu brechen und unsere Mandant:innen dort hervorzuheben. Und klar, uns macht es auch unglaublich viel Spaß mit unserer Fokusgruppe zusammenzuarbeiten.
Busenfreundin-Magazin: Welchen persönlichen Bezug habt ihr zur LGBTIQ+-Community?
Katja Dunkel & Rebecca Richter: Persönlich sind wir beide schon immer eng mit der Community verbunden gewesen – Katja ist selbst queer. Daher haben wir auch den Bedarf an einer sensiblen Rechtsberatung für die queere Community gesehen und erfahren.
Busenfreundin-Magazin: Eure Vision ist es, eine Kanzlei zu führen, die auf Solidarität, Gleichberechtigung und moralischer Verantwortung basiert. Recht ist aber nicht gleich Gerechtigkeit. Oder?
Katja Dunkel & Rebecca Richter: Wenn man bei „Recht” über geschriebene Gesetze redet, finden sich noch einige diskriminierende oder zu erweiternde Gesetze – diese bedürfen einer Reform. Da wären das alte „Transsexuellengesetz“, das Abstammungsrecht und das Grundgesetz.
Die aktuelle Entwicklung, dass man die sexuelle Identität endlich ins Grundgesetz aufnehmen will, ist sehr zu begrüßen und wir freuen uns darauf, wenn das in der nächsten Wahlperiode wieder aufgegriffen wird. Es wäre ein Zeichen von Sichtbarkeit und mehr Akzeptanz. Damit würden wir uns auch als Land gegen die aktuellen politischen Entwicklungen in Ungarn und Polen stellen.
Gerechtigkeit bedeutet für uns aber auch „Zugang zum Recht”. Diesen wollen wir absichern, indem wir eine schnell verfügbare und sensible Rechtsberatung sowie Vertretung leisten.
„Wir glauben nicht, dass LGBTIQ+ häufiger anwaltliche Beratung brauchen. Wir haben aber entdeckt, dass sie häufiger nicht gut in Kanzleien aufgehoben sind!”
Katja Dunkel & Rebecca Richter von DUNKEL RICHTER im Interview
Busenfreundin-Magazin: Rechtsanwaltskanzleien haben einen verstaubten Ruf. Was macht ihr anders?
Katja Dunkel & Rebecca Richter: Ja, man kann sagen, dass Anwält:innen sogar teils einen recht schlechten Ruf haben. Wir können auch bestätigen, dass viele sehr traditionell eingestellt sind. Es herrscht eine Art Überheblichkeit, die nach außen getragen wird und auch beibehalten werden soll. Hier sind dann auch viele in der Anwaltschaft, die nicht gerade sensibel mit einer trans Frau umgehen können und diese eher ablehnen.
Wir wollen das auffangen, ein Gespräch auf Augenhöhe herstellen und so eine Nahbarkeit schaffen. Gleichzeitig halten wir aber eine gute Balance mit der nötigen Sachlichkeit für rechtliche Fragestellungen.
Busenfreundin-Magazin: Brauchen Menschen der LGBTIQ+-Community häufiger Anwält:innen?
Katja Dunkel & Rebecca Richter: Dass sie häufiger anwaltliche Beratung brauchen, glauben wir nicht. Wir haben nur entdeckt, dass sie häufiger nicht in Kanzleien gut aufgehoben sind. Daher ist es ein guter Start, den Fokus in einer Kanzlei auf queere Menschen zu legen. So kommen wir dem Punkt einen Schritt näher, an dem es so einen Fokus nicht mehr braucht, weil genug Angebot da ist.
Busenfreundin-Magazin: Die Medienresonanz auf die Gründung eurer Kanzlei ist enorm. Wie erklärt ihr euch das?
Katja Dunkel & Rebecca Richter: Wir glauben, dass der Bedarf schon immer da war und fassen die starke Resonanz auf unsere Kanzlei als Bestätigung hierfür auf. Die Leute haben vielleicht auf etwas Frisches und Neues gewartet und freuen sich nun, dass wir in einem eher konservativen Bereich wie der Anwaltschaft auch etwas Raum für unsere Fokusgruppe schaffen. Eine öffentliche gesellschaftspolitische Positionierung ist nämlich auch nicht der traditionellste Weg für eine Kanzlei.
Headerbild © René Fietzek
Würdet ihr die Dienste der Kanzlei DUNKEL RICHTER in Anspruch nehmen? Gibt es in euren Augen Bedarf für ein solches Projekt? Verratet es uns in den Kommentaren!
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