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Ok, krass!

Im Fokus: Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

Autorin: Patricia Bauer

Am 25. November findet der Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen statt. Verschiedene Gedenk- und Aktionsveranstaltungen sollen Diskriminierung und Gewalttätigkeit gegenüber Frauen und Mädchen sichtbarer machen und präventionieren. Eines der zentralen Themen ist die häusliche Gewalt. Ob Corona die Fallzahlen steigert, inwieweit häusliche Gewalt auch in lesbischen Beziehungen vorkommt und wie ihr Betroffenen helfen könnt, lest ihr in „Busenfreundin – das Magazin”.

Der Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen geht auf eine Initiative lateinamerikanischer und karibischer Feminist:innen aus dem Jahr 1981 zurück. Diese wollten an die Ermordung dreier Schwestern erinnern, die in den 60ern vom Militär des Präsidenten der Dominikanischen Republik verschleppt und getötet wurden. Menschenrechtsorganisationen wie Terre des Femmes führten die Idee fort. Eine Resolution der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1999 machte den Tag schließlich weltweit bekannt.

Ein zentrales Thema des Aktionstages ist die häusliche Gewalt. Darunter versteht man physische oder psychische Gewalt zwischen erwachsenen Partner:innen. Weitere Themen, gegen die sich verschiedenste Vereine und Organisationen einsetzen, sind unter anderem sexualisierte Gewalt, Zwangsprostitution und -heirat, weibliche Armut und Femizide. Die Grenzen zwischen diesen Kategorien sind oft fließend.

Anstieg häuslicher Gewalt während Corona?

Gewalt gegen Frauen findet oft hinter verschlossenen Türen statt – die Dunkelziffer ist hoch. Laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen. Circa jede vierte Frau ist mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt durch Partner:innen.

Ob die Zahlen – speziell im Falle häuslicher Gewalt – während der Corona-bedingten Lockdowns und Kontaktbeschränkungen angestiegen sind? Silvia Zenzen vom Frauen gegen Gewalt e. V. berichtet, dass das bundesweite Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen einen Anstieg der Anrufe um 17 % verzeichnet. Daraufhin erhielt das Thema vermehrt mediale Aufmerksamkeit.

Die „Spirale der Gewalt” zeigt: Harmonie und Gewalt liegen oft nah beieinander (Quelle: WEISSER RING)

„Aus den bisherigen Erfahrungen in den Beratungsstellen lässt sich ableiten, dass sich in Beziehungen, die vorher gewaltvoll waren, das Gewaltpotential verstärkt. Gleichzeitig ist es für die Betroffenen schwieriger geworden sich Hilfe zu holen oder sich jemandem anzuvertrauen, weil Kontakte zu Freund*innen oder Arbeitskolleg*innen wegfallen und der Partner viel öfter zu Hause ist und Anrufe oder Besuche kontrollieren kann”, so Zenzen.

Der Frauen gegen Gewalt e. V. selbst habe an seinen Beratungsstellen vor Ort noch keinen signifikaten Anstieg der Kontaktanfragen feststellen können. „Was aber durchaus angestiegen ist, sind die Anfragen für Online-Beratungen. Hier haben die Beratungsstellen in den letzten Monaten viel Energie investiert, um Betroffenen auch online Unterstützung anbieten zu können, die den datenschutzrechtlichen Vorgaben entspricht”, führt Zenzen aus.

Gibt es häusliche Gewalt auch in lesbischen Beziehungen?

Ja, häusliche Gewalt gegen Frauen existiert nicht nur in heteronormativ geprägten Beziehungskonstellationen. Auch hier ist die Dunkelziffer groß, denn laut Silvia Zenzen unterliegt Gewalt in lesbischen Beziehungen häufig einem Tabu – weil Frauen regelmäßig zwar als Opfer von Gewalt wahrgenommen würden, nicht aber als Täterinnen. „Die Lesbenberatung Berlin hat hierzu vor einigen Jahren ein Projekt durchgeführt, um mehr Aufmerksamkeit auf das Thema Gewalt in lesbischen/queeren Beziehungen zu lenken. Es ist eine Broschüre entstanden mit dem vielsagenden Titel ‘Endlich glaubt mir mal jemand, dass eine Frau so etwas tun kann’.“

In vielen größeren Städten gebe es bereits Frauenberatungsstellen mit spezialisierten Angeboten für lesbische Frauen. Eine davon ist der Berliner Verein L-Support e. V., über den ihr hier mehr in einem Interview erfahrt.

„Betroffene geben sich häufig eine Mitschuld”

Dass es für Außenstehende oft schwierig zu erkennen ist, ob eine Frau von häuslicher Gewalt betroffen ist, weiß Silvia Zenzen vom Frauen gegen Gewalt e. V.: „Da jeder Mensch unterschiedlich reagiert und es viele unterschiedliche Gewaltformen und unterschiedlichen Ausprägungen gibt, ist es schwierig ein Patentrezept zu entwickeln. Und Gewalt kann auch nicht immer an körperlichen Verletzungen erkannt werden, da Gewalt auch psychisch ausgeübt werden kann, z. B. durch Kontrolle, Erniedrigungen oder Beleidigungen”. 

Oft sei auch eine gewisse Scham im Spiel und die Betroffenen gäben ungerne zu, dass sie sich in einer gewaltvollen Beziehung befinden. „Und häufig geben die Betroffenen sich auch eine Mitschuld an der Gewalt oder denken, es läge in ihrer Verantwortung die Gewalt zu stoppen. Verantwortlich ist aber immer nur der Täter oder die Täterin”, so Zenzen.

Was müssen Regierung & Justiz tun, um Gewalt gegen Frauen beizukommen?

Silvia Zenzen findet dafür klare Worte: „Wir wünschen uns, dass die Aufmerksamkeit für das Thema Gewalt gegen Frauen langfristig in den Köpfen von Politiker*innen präsent ist und die Beratungsstellen auf stabile finanzielle Füße gestellt werden. Es ist leider immer noch so, dass in den meisten Bundesländern die Finanzierung der Unterstützungsangebote überhaupt nicht gesichert ist und Mitarbeiter*innen vor Ort mit sehr knappen Ressourcen zurecht kommen müssen. Die Arbeit in einer Beratungstelle umfasst sehr viel mehr als reine Beratung. Hier geht es auch um Prävention in Form von Fortbildungen für andere Berufsgruppen, Veranstaltungen in Schulen, Öffentlichkeitsarbeit z.B. in Fußgängerzonen und verstärkt auch im Netz. Das alles bindet Ressourcen und sollte von der Politik als Arbeitsfeld wahrgenommen und unterstützt werden”.

Auch die Justiz solle mithelfen. Dafür wäre aufseiten von Polizei, Staatsanwaltschaft und Richter:innen wichtig, mit Betroffenen sensibler umzugehen. Diese würden oft nicht ernstgenommen oder mit unangebrachten Fragen konfrontiert, die eine Mitschuld implizierten. „Hier könnte eine Bereitschaft für Fortbildungen hilfreich sein”, so Zenzen.

Was kann ich tun?

Wird man Zeuge von Wesenveränderungen, die auf Probleme hindeuten – z. B. wenn eine Person sich mehr und mehr zurückzieht oder sie von wiederholenden Streits berichtet –sei es wichtig nachzufragen. Auch solle man Unterstützung anbieten und sich solidarisch zeigen. 

„Häufig ist es ein großer Schritt, bis die Betroffenen sich überwinden, von der Gewalt zu erzählen. Kommentare wie ‘Das hätte ich nie von deiner Freundin gedacht’ oder ‘Die hat es doch bestimmt nicht so gemeint’ sind da wenig hilfreich. Viel wichtiger ist es sich klar auf die Seite der Betroffenen zu stellen und sie bei den nächsten Schritten, für die sie sich entscheidet, zu unterstützen. Dies kann bedeuten, sie beim Gang zur Polizei zu unterstützen, falls sie Anzeige erstatten will, oder ihr einfach nur zuzuhören”.

Übrigens: Wer Freunde, Verwandte oder Bekannte unterstützen will, aber mit der Situation überfordert ist, kann sich an eine Beratungsstelle wenden. In der Datenbank des Frauen gegen Gewalt e.V. findet ihr Adressen von Beratungsstellen in ganz Deutschland.

Selbst betroffen? Hier gibt’s schnelle Hilfe (Quelle: WEISSER RING)

Seid ihr selbst schon einmal Opfer von Gewalt geworden? Wie würdet ihr Betroffene unterstützen? Wir freuen uns über eure Kommentare!


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