Seit über einer Woche befindet sich Deutschland wieder im Lockdown. Zwar bleiben die Geschäfte diesmal geöffnet, die Einschränkungen sind jedoch weithin spürbar. Das fordert besonders die Psyche stark. Daher haben wir mit einer auf LGBTIQ+ spezialisierten psychotherapeutischen Heilpraktikerin gesprochen. Wie ihre Arbeit aussieht und warum sie sich für diese Spezialisierung entschieden hat? Das lest ihr in „Busenfreundin – das Magazin”!
Dass sie etwas Soziales oder Medizinisches machen wollte, wusste Miranda schon während der Schulzeit. Dass ihr Weg bei der psychotherapeutischen Heilpraxis enden würde, ahnte sie damals jedoch noch nicht.
Das Bedürfnis, andere zu unterstützen, brachte die 28-jährige zunächst dazu, eine Ausbildung zur Medizinisch-Technischen Fachangestellten zu machen. Nach einigen Abstechern in fachfremde Branchen wie dem Einzelhandel wurde ihr endgültig klar: Das Medizinische ist und bleibt es. Aber ein durchgeregeltes Leben, immer das Gleiche? – Nein, danke. Miranda wollte etwas Besonderes.
Sie entschloss sich, das Medizinische mit Musik zu verbinden. Psychotherapie mit dem Schwerpunkt Musik sollte es werden. Dass die Schule dafür nur zwei Häuser von ihrer Musicalschule weg war, sah sie als Zeichen. 2019 machte sie sich selbstständig als psychotherapeutische Heilpraktikerin und klärt auch via Instagram über psychische Gesundheit auf.
„Psychische Probleme sind so individuell wie die Personen selbst”
Warum aber die Spezialisierung auf queere Menschen? „Queer”, sagt Miranda, „ist ja viel mehr als nur Bisexualität oder ähnliches. Auch anders denken gehört dazu”. Die Augsburgerin führt selbst ein sehr diverses Leben: Muslimischer Background, Scheidungskind, frauenliebend. Ihre Spezialisierung ist Alleinstellungsmerkmal und wird von manchen als exklusiv wahrgenommen. Jedoch betont sie: „Ich schicke niemanden weg, der sich bei mir aufgehoben fühlt”.
Die psychischen Probleme, mit denen sich die Personen an sie wenden, sind so individuell wie die Menschen selbst. „Nicht immer ist es nur das Thema Outing, Orientierung oder Sexualität. Auch alltägliche Probleme wie Familie, Beruf oder Dinge, die beides verbinden, sind Themen, mit denen Menschen auf mich zukommen”. Manche führen ein Doppelleben, spielen eine Rolle in einem Theaterstück, dessen Plot sie selbst ganz anders geschrieben hätten. Psychisch eine unglaubliche Belastung.
Folgen der belasteten Psyche seien besonders Depressionen, Anpassungsstörungen oder gar suizidale Gedanken. Besonders in der queeren Community fänden sich vermehrt Angststörungen und soziale Phobien. „Wenn beispielsweise das Outing nicht gut läuft, kann das so etwas auslösen. Der Druck unter dem man steht, sobald man merkt, dass man aus dem heteronormativen Raster fällt – da hat man ein Problem”. Dies wirke sich sogar bei voller Akzeptanz in der Familie noch negativ auf die Personen aus: Die Angst sich vor anderen zu outen bleibt. (Storys über schwierige Coming-Outs gibt es hier und hier!)
Motto: Nicht nur reden, sondern aktiv werden!
Hilfe suchen sich vor allem junge Erwachsene zwischen 18 bis 30 Jahren, davon viele transidente Menschen. Oft herrsche Überforderung wegen der vielen unterschiedlichen notwendigen Dokumente, Gutachten und Fachleute. „Ohne psychische Stabilität ist das schwierig”, erklärt Miranda. Sie unterstützt die Hilfesuchenden in unterschiedlichster Weise. Ihr Motto: Nicht nur reden, sondern aktiv werden. Mal sitzt sie mit dabei, wenn Telefonate für Terminvergaben geführt werden müssen, mal begleitet sie ihre Patienten zu einem Termin. „Mir reicht es nicht, zu sagen: ‘Hier sind Nummer und Adresse, kümmere dich'”.
Das Wichtigste, so die 28-jährige, sei aber immer die Person vor ihr. Die Stärkung der Selbstwirksamkeit, das Erkennen: „Ich bin der Chef in meinem Leben und ich entscheide, was mit mir passiert”.
Wie läuft die Beratung ab?
Wer eine Beratung oder ein Coaching bei Miranda möchte, wartet aktuell nicht lange: Rund zwei Wochen, da Miranda erst seit 2019 selbstständig ist. Die Terminvergabe erfolgt individuell, je nachdem, wie lange Unterstützung benötigt wird. Eine einstündige Beratung kostet um die 70 €, Student:innen und Schüler:innen zahlen 50 €. Die Kosten werden nicht von der Krankenkasse übernommen. Das hat allerdings nennenswerte Vorteile: Heilpraktiker:innen sind nicht in der Krankenkasse gelistet. Die Beratung taucht somit nicht in der Krankenakte auf. Einer Beamtenlaufbahn stünde damit nichts im Wege. Zusätzlich bekommen dadurch auch die Eltern nicht zwingend etwas davon mit, da die von der Krankenkasse versendeten Briefe ausbleiben.
Aktuell sucht Miranda nach Räumlichkeiten, in denen sie ihre Patient:innen optimal betreuen kann. Ihre Spezialisierung erschwert das teilweise. „Es gab schon Fälle, da hieß es ‘kein Problem’ und dann wurde doch herumgedruckst und abgesagt. Aber da möchte ich dann auch gar nicht mehr hin”. Aufgrund der psychologisch sensiblen Arbeit sei eine sichere Umgebung eine Grundvoraussetzung, um für das Wohlgefühl der Patient:innen zu sorgen. Toleranz von Vermieter:innen oder Kolleg:innen derselben Praxis betrachte Miranda daher als unabdinglich.
Ihre Beratungen bietet Miranda in den Sprachen Deutsch und Englisch an. Auch bundesweit, wenn jemand sie braucht.
Was denkt ihr über das Thema „Mental Health” in der LGBTIQ-Community? Wie bleibt ihr gesund? Erzählt es uns gerne in den Kommentaren!
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