Oli und Maike sind ein lesbisches Paar und leben in einer gemeinsamen Wohnung. Welche Hürden eine Wohnungssuche in diesem Fall bedeuten kann und mit welchen Schwierigkeiten sie konfrontiert werden, erzählen sie uns hier bei Busenfreundin – das Magazin.
„Nein, wir möchten keine WG´s mehr!“ Dieser Satz verfolgte uns eine Zeit lang sogar im Schlaf. Alles, was wir wollten, war eine gemeinsame Wohnung. Euphorisch und enthusiastisch hatten wir uns an einen Tisch gesetzt und begonnen, Zeitungen sowie das Internet zu bemühen. Zwischen 65 und 80qm, ein Abstellraum, ein Tageslichtbad und wenn möglich keine oder wenige Dachschrägen, das waren unsere Voraussetzungen. Auf eine längere Suche waren wir bereits eingestellt, da wir in einer Studentenstadt lebten und Wohnungen dementsprechend zur Herbstzeit, wenn die Erstsemester ankamen, Mangelware waren. Was uns jedoch letztlich überraschte, war der dynamische Verlauf, den unsere Aussagen bei den unterschiedlichen Vermietern nahmen.
Bevor wir zu der ersten Besichtigung gingen, planten wir unseren gemeinsamen Auftritt. Doch wie sollte der aussehen? Sollten wir uns als WG verkaufen, oder lieber als Paar? Die Vorurteile und Klischees anderer Menschen kennend, beschlossen wir ganz souverän, diese Entscheidung spontan zu treffen.
So gingen wir gespannt zu einigen offenen Besichtigungen und riefen diverse Kontakte an, um private Wohnungsbegehungen zu vereinbaren. Wie sich schnell herausstellte, war das alles andere als einfach denn: Die einen wollten keine Wohngemeinschaften. Andere wollten keine homosexuellen Paare (was sie natürlich nicht offen sagten, dafür sprach ihr Verhalten oder das Kreuz an der Wand Bände). Und wieder andere hatten keine Meinung dazu und nahmen dann einfach den Bestverdiener (das waren nie wir). Zudem stellten offene Besichtigungen uns vor die Wahl: Unser Beziehung komplett verschweigen, oder sich direkt vor bis zu 15 Menschen outen. Wir gingen also meistens als Freundinnen hin und passten unser Verhalten den Menschen um uns an: Als Paar zu erkennen gaben wir uns nur, wenn wir merkten, dass die Vermieter open-minded schienen.
“Älteren Vermietern offenbarten wir uns fast nie”
Während dieser Zeit gab es aber auch einen Fall, der mir deutlich in Erinnerung geblieben ist, weil das, was passierte, eine wirklich schöne Erfahrung war: Wir riefen die Vermieterin an und bekamen direkt die Klatsche „Keine WG´s!“ . Als wir jedoch anmerkten, dass wir als Paar einziehen würden, änderte sich das abweisende Verhalten der Dame sofort um 180 Grad. Innerhalb von 5min hatten wir einen Termin und auch während diesem war die Stimmung locker und sehr angenehm. Sich so angenommen zu fühlen, war wirklich schön. Die Norm war es nicht. Dabei spielte auch oftmals das Alter der Vermieter eine entscheidene Rolle. Älteren Vermietern verschwiegen wir grundsätzlich unseren Status. Jüngere weihten wir teilweise ein.
Die Wohnung, die wir letztlich bekamen, wurde – wie die meisten – von einem älteren Herren gezeigt. Mit uns waren noch rund sieben andere Interessenten bei Besichtigung. Bekommen haben wir sie aber vermutlich nur, weil wir eine leichte Mieterhöhung vorschlugen. Beim Ausfüllen der persönlichen Daten zögerten wir einen Moment, schrieben aber dann doch zu unseren Namen auch den Pärchen-Status hinzu. Im Endeffekt war das eine gute Entscheidung, ganz wohl fühlten wir uns jedoch in diesem Moment nicht. Woher kommt dieses Unwohlsein?
Es geht nicht mehr um die Wohnungssuche, sondern um die Homosexualität
Als homosexueller oder queerer Mensch wird man ab dem Moment, in welchem man sich als solcher zu erkennen gibt, beständig bewertet. Es werden Vergleiche gezogen, man wird beobachtet, hinterfragt. Oft scheint es fast, als seien Klischees nicht nur allgegenwärtig, sondern auch das einzig Akzeptable: Kurze Haare, okay, passt zu einer Lesbe. Zwei Frauen mit langen Haaren? Passt nicht. Die eigentliche Sache, nämlich die Wohnungssuche, verschwindet hinter Vorurteilen und unerfüllten Erwartungen. Das zu vermeiden ist das, was wir eigentlich tun, damit die Bewertung für die Eignung als Mieter nicht von Klischeegedanken überlagert wird. Kommt der Punkt, an dem man sich gezwungenermaßen doch outen muss, ist es schwer, die Situation auf einer sachlichen Ebene zu halten. Outet man sich, wird es persönlich und die Beurteilung ist plötzlich nicht mehr objektiv und sehr abhängig von der Meinung der Vermieter. Das kann einen ins Schwimmen bringen, auch, wenn es sich positiv auswirken kann – die Mehrheit ist neutral mit einem Hauch Berührungsangst und Befremdlichkeit.
Wie man im Endeffekt am Besten machen sollte, wissen wir auch nach all den Besichtigungen nicht. Ob man sich outen soll, hängt von der jeweiligen Person ab, die vor einem steht. Auf sein Bauchgefühl zu vertrauen ist aber wahrscheinlich eine gute Lösung, denn oftmals deutet man äußere Zeichen bereits unterbewusst richtig und kann unangenehmen Situationen so aus dem Weg gehen. Die Hauptsache ist, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Zur Not schaut man sich eben eine Wohnung mehr an – dann klappt es auch bald mit dem Einzug.
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Wir suchten letztes Jahr eine Wohnung. In Bayern. Auf dem Land.
Darin lag die Frage, wie wir uns vorstellen wollten und gleichzeitig die Antwort.
Von Anfang an haben wir uns immer als Paar vorgestellt. Frei nach dem Motto, wer damit nicht klar kommt, dem wollen wir auch keine Miete zahlen. Das hat die Suche zugegebenermaßen wahrscheinlich etwas verlängert – auch wenn niemand das natürlich offen gesagt hat – aber hat sich am Ende ausgezahlt.
Hier in der Gegend leben die Vermieter einer Wohnung oft im gleichen Haus oder zumindest im gleichen Ort – es hätte sich also im Zweifel rumgesprochen und wir wollten im Nachhinein keinen Ärger oder Eiszeit zwischen uns und den Vermietern.
Turned out: Unser Ansatz hat sich ausgezahlt. Wir sind in einer superherzlichen Hausgemeinschaft mit drei Generationen und den Vermietern als Nachbarn gelandet.
Liebe Jane,
vielen Dank für das Teilen eurer Gedanken! Gerade in Bayern war das bestimmt nicht immer einfach, wenn auch die Vermieter oft im selben Haus leben. Schwierig wird es auch, wenn man ortsgebunden und an eine Universitätsstadt gebunden ist, aber grundsätzlich ist Offenheit immer eine gute Idee – was eure Erfahrung ja deutlich zeigt! Richtig gut!
Gaye Grüße,
Debbie