Kevin und René sind Eltern von zwei Pflegekindern. Im Podcast sprach Ricarda bereits mit Kevin über ihr Leben als Regenbogenfamilie. Im Interview mit Busenfreundin – das Magazin gibt er weitere Einblicke in das Leben eines schwulen Paares, deren Liebe zu ihren Kinder so manches Herz erwärmt.
Busenfreundin Magazin: Ein schwules, verheiratetes Paar, das zwei Pflegekinder hat. Gibt es im Jahr 2020 immer noch Menschen, die das nicht verstehen?
Kevin Silvergieter: Ja leider. Ich denke das hat, wie so oft, mit Angst vor dem Neuen und Unbekannten zu tun. Wir Menschen sind Gewohnheitstiere und brauchen in der Regel Sicherheit. Das Bild von zwei Männern mit Kindern ist eben nicht selbstverständlich und daher neu.
Busenfreundin Magazin: Gab es Situationen, in denen ihr Zweifel hattet oder habt, Pflegeeltern zu sein?
Kevin Silvergieter: Ja. Sowohl im Prozess, als auch heute immer wieder. So wie es leiblichen Eltern auch geht. Eine Schwangerschaft ist beängstigend. Für Frauen, in denen das Kind wächst sicher noch einmal anders. Aber neben der Freude und Aufregung existieren auch Ängste, Sorgen und Zweifel. Werde ich ein guter Vater sein? Bin ich ein guter Vater? Schaffe ich es wirklich einen selbstständigen und selbstbewussten Menschen heranzuziehen?
Busenfreundin Magazin: Im Podcast erzähltest Du bereits, dass es euch im Bewerbungsprozess um euren Sohn nicht immer leicht gemacht wurde. Wo gibt es im deutschen System Optimierungsbedarf?
Kevin Silvergieter: Vor allem im Umgang mit den Sorgen und Ängsten der werdenden Eltern. Ich wünsche mir vor allem mehr Verständnis und Einfühlungsvermögen für die Sorgen der werdenden Pflegeeltern und auch mehr Aufklärung von Anfang an über die Rechte.
Busenfreundin Magazin: Es gibt Menschen, die Angst davor haben weniger intensive Gefühle für ein Pflegekind zu entwickeln als für eines, das man geboren oder gezeugt hat. Was sagst Du dazu?
Kevin Silvergieter: Ich glaube das können leibliche Eltern, die sich entscheiden noch ein Pflegekind aufzunehmen, besser beantworten. Doch kann ich mir das nicht vorstellen. Ich denke im Alltag nicht immer daran, dass unsere Kinder Pflegekinder sind. Und der Moment der Erkenntnis darüber, dass es nicht unsere eigenen sind, zeigt mir, wie tief unsere Bindung ist.
Busenfreundin Magazin: Gibt es Momente, in denen ihr „merkt“, dass euer Sohn oder eure Tochter eine Vergangenheit haben, die ihr nicht beeinflussen konntet?
Kevin Silvergieter: Ja. Das ist tatsächlich auch die größte Herausforderung am Pflegeeltern-Dasein. Nicht zu bewerten und zu verurteilen was vorher war und dann auch noch die Folgen anzunehmen. Denn nicht immer helfen Medikamente oder Therapien. Und dann hilft nur akzeptieren und anerkennen. Das ist nicht immer leicht.
Busenfreundin Magazin: Wie sieht ein typischer Tag bei euch aus?
Kevin Silvergieter: In Zeiten von Corona natürlich anders als sonst. Denn René ist komplett zu Hause, hat aber kein Homeoffice. Als Flugbegleiter ist die Arbeit eben im Flieger. Das entspannt ungemein. So stehen wir um 6 Uhr 30 auf, da dann die Kinder spätestens wach werden. Wir frühstücken gemeinsam und bringen dann unsere Tochter in die Kita und unseren Sohn in die Schule.
Zum Mittagessen holen wir unseren Sohn von der Schule ab. Nach dem Essen gibt es eine Mittagspause und dann macht meistens René mit unserem Sohn die Hausaufgaben. Danach holen wir unsere Tochter und verbringen den Nachmittag gemeinsam. Wir gehen Eisessen, auf den Spielplatz, zu den Nachbarn, in den Garten oder machen einen Ausflug.
Um 18 Uhr essen wir dann in der Regel zusammen zu Abend. Danach dürfen unsere Kinder noch ein wenig spielen, vom Tag runterkommen oder lesen noch ein Buch. Danach geht’s für die Kids ins Bett.
Danach haben Papa und Papi manchmal auch noch Zeit für sich (lacht).
Busenfreundin Magazin: Warum sollten homosexuelle und heterosexuelle Paare einmal mehr darüber nachdenken, Pflegeeltern zu werden?
Kevin Silvergieter: Weil es immer noch sehr viele Kinder gibt, die nicht bei ihren leiblichen Eltern leben können, aber dringend Eltern brauchen.
Da sie aber nicht von den Eltern zur Adoption freigegeben wurden, darf der Staat das nicht entscheiden. Die Entscheidung über die Eltern hinweg zu fällen ist ein sehr langer und bürokratisch schwieriger Weg.
Da es aber immer weniger Eltern schaffen, gibt es immer mehr Pflegekinder. Diese kommen dann in Wohngruppen, da es nicht genug Pflegeeltern gibt.
Wir danken Kevin sehr für das aufschlussreiche Interview. Habt ihr Erfahrungen mit dem Pflegeeltern-Dasein gemacht? Seid ihr selbst Pflegeeltern? Schreibt es in die Kommentare!
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Wir sind auch Pflegeeltern! Allerdings zwei Mamas und wir würden es immer wieder so entscheiden.
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