Autorin: Qendresa
Spätestens seit dem Netflix-Hit „You, Me, Her” ist die Vorstellung einer freien und offenen Liebe präsenter und gesellschaftsfähiger denn je. Doch was verbirgt sich hinter den neu-modernen Begrifflichkeiten “Polyamorie” und “Polygamie” wirklich? Geht es hier um die reine Befriedigung der Triebe oder schlichtweg um die Freiheit zu lieben, wen man lieben möchte – und das zur gleichen Zeit? Und wie wirkt sich diese Kampfansage an konventionelle Beziehungsformen im Alltag aus? Dazu sprachen wir mit einer Hörerin, die in einer polygamen Beziehung gelebt hat.
Offene Beziehung, Polygamie und Polyamorie – was ist denn nun was?
Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Polygamie, Polyamorie und einer offenen Beziehung. Bei einer offenen Beziehung geht es darum, sich neben der Kernbeziehung mit anderen Menschen zu vergnügen – in Form von One-Night-Stands, offen kommunizierten Affären oder Dreiern. Im Kontrast dazu stehen die anderen beiden Beziehungsmodelle: Wer polygam lebt, führt eine Beziehung mit mehreren Menschen gleichzeitig, während polyamorös lebende Menschen mehrere, unterschiedliche Beziehungen parallel laufen haben.
Busenfreundin-Magazin: Hallo Anna (Anm. d. Red.: Name geändert), vielen Dank, dass du mit uns sprichst und uns von deiner persönlichen Erfahrung berichtest. Erzähl uns gerne etwas über dich.
Anna: Ich bin Anna, 26 Jahre alt und ziemlich sportverrückt. Freunde bezeichnen mich als echte Frohnatur und darüber hinaus liebe ich die Natur und das Abenteuer. Zur Zeit der Dreierbeziehung war ich 25.
Busenfreundin-Magazin: Du hast eine polygame Beziehung geführt. Hast du dich vorher jemals mit dem Thema auseinandergesetzt?
Anna: Nicht wirklich. Wenn man nicht gerade mit diesen Dingen konfrontiert wird, denkt man auch nicht darüber nach.
Busenfreundin-Magazin: Hast du vorher schon polygame Erfahrungen gemacht?
Anna: Ich war mit meiner damaligen Freundin bereits vier Jahre zusammen und wir waren beide sehr offen und neugierig. Daher haben wir schon das ein oder andere Mal jemanden in unser Schlafzimmer gelassen.
„Drei ist eine Party”
Busenfreundin-Magazin: Wie kam es, dass du, neben deiner Kernbeziehung, plötzlich mit einer weiteren Person in einer Beziehung warst?
Anna: Meine Freundin kam beim Feiern mit zwei Mädels ins Gespräch. Die Gesprächsthemen waren echte Klassiker: „Wir kennen auch ein lesbisches Pärchen mit Hund“. So nahm das ganze seinen Lauf. Die Nummern wurden ausgetauscht und wir dachten zu dem Zeitpunkt noch, wir treffen uns mit einem Pärchen zur gemeinsamen Gassi-Runde. Doch L. war bereits getrennt. Nach ein paar Treffen haben wir uns mehr oder weniger gleichzeitig in sie „verknallt“ und unsere Beziehung geöffnet.
Busenfreundin-Magazin: Nun ist es nach so einer Entscheidung keine Selbstverständlichkeit, dass man direkt miteinander harmoniert und es einwandfrei funktioniert. Wie sah euer gemeinsamer Alltag aus?
Anna: „Drei ist ‘ne Party” (Anm. d. Red.: Zitat von “Fettes Brot”). Das kommt nicht von ungefähr. Dementsprechend verlief unser Alltag nicht immer positiv. Abends zu Ruhe zu kommen gestaltete sich zu dritt wesentlich schwieriger als zu zweit. Was soll man tun, wenn die eine Partnerin ins Bett möchte, weil sie morgens früh zur Arbeit muss und die andere grade erst von der Arbeit nach Hause kommt und noch Action will. Man steht im sprichwörtlichen Sinne zwischen den Stühlen, sich für eine Seite entscheiden zu müssen und das möglichst diplomatisch – was mir nicht unbedingt immer gelungen ist.
Generell war unser Zeitmanagement, wer wen zu welchem Zeitpunkt sieht, ein großes Thema, da wir sehr unterschiedliche Arbeitszeiten und Tagesabläufe hatten. Irgendwann haben wir die „Datenight“ eingeführt. Jeder hatte ein Mal pro Woche ein Date getrennt mit den beiden anderen.
„Wir hatten auch eine eigene WhatsApp-Gruppe”
Busenfreundin-Magazin: Welchen täglichen Hürden bist du beziehungsweise seid ihr in der Beziehung sonst noch begegnet?
Anna: Die Anerkennung in der Gesellschaft. Es ist und bleibt ein Thema, weil alles in unserer Gesellschaft nur für zwei Leute ausgerichtet ist. Das fängt bei banalen Sachen wie zum Beispiel Hochzeitseinladungen von Freunden an, da nur ein Partner mitgebracht werden darf. Das gab eine riesige Diskussion bei uns zuhause.
Busenfreundin-Magazin: Wie aber hat es euer Umfeld aufgefasst?
Anna: Sehr zwiespältig. Die jüngere Generation – also Studenten – fand das ganze ziemlich „cool und spannend“, die älteren, berufstätigen Freunde standen dem sehr pessimistisch gegenüber. „Drei ist einer zu viel!“ Den Spruch haben wir sehr oft hören müssen. Auch unsere Eltern waren nicht unbedingt begeistert. Wir wurden zwar akzeptiert, aber man wusste, was sie wirklich darüber dachten.
Busenfreundin-Magazin: Habt ihr auch Weihnachten zu dritt gefeiert?
Anna: Haben wir, das war sehr schön. Zu dritt unter’m Tannenbaum mit zwei Hunden. Danach ging es dann zu den Eltern von allen dreien.
Busenfreundin-Magazin: Welche Vorzüge genießt man in einer Dreierbeziehung?
Anna: Es war wirklich sehr aufregend, vor allem der Sex kam eigentlich nie zu kurz (lacht).
Busenfreundin-Magazin: Wie läuft die Kommunikation in einer polygamen Beziehung ab? Hattet ihr dann auch eine eigene WhatsApp-Gruppe, damit immer gleichermaßen miteinander kommuniziert wird?
Anna: Kommunikation zu dritt ist nicht immer leicht, gerade was den Blickkontakt angeht. Und ja, wir hatten tatsächlich eine eigene WhatsApp-Gruppe.
„Das Beziehungsmodell spielt eigentlich keine Rolle, solange alle glücklich sind.”
Busenfreundin-Magazin: Woran ist eure Beziehung letztendlich gescheitert?
Anna: Ich glaube, das lag im Großen und Ganzen daran, dass wir oft nicht genug Rücksicht aufeinander genommen haben. Wir waren in sehr unterschiedlichen Lebensphasen, hatten konträre Arbeitszeiten. Ich glaube, wir hatten alle den Stress im Kopf, möglichst schnell nach Hause zu kommen. Aus Angst, etwas verpassen zu können.
Busenfreundin-Magazin: Denkst du, dass polyamoröse oder polygame Beziehungen grundsätzlich funktionieren können?
Anna: Ich denke schon, dass das funktionieren kann. Es kommt natürlich immer auf die einzelnen Charaktere an, die beteiligt sind.
Busenfreundin-Magazin: Wie denkst du heute über diese alternativen Beziehungsmodelle? Würdest du es nochmal machen, wenn sich die Möglichkeit ergibt?
Anna: Für mich spielt das Beziehungsmodell eigentlich keine Rolle. Ob monogam, offene Beziehung, polyamorös und was es da sonst noch gibt. So lange die Personen glücklich sind, ist es doch wirklich vollkommen egal. Ob ich nochmal eine polygame Beziehung eingehen würde, kann ich gar nicht so genau sagen. Das ist ja auch nichts, was man plant. Es passiert irgendwie und hängt auch vom Partner oder der Partnerin ab.
Busenfreundin-Magazin: Und zu guter Letzt: Welchen Daily-Life-Hack hast du für alle, die sich für das Thema interessieren oder gar in einer ähnlichen Situation stecken?
Anna: Habt stets zwei Decken im Bett, sonst wird es in der Mitte zu heiß! (lacht)
Busenfreundin-Magazin: Liebe Anna, vielen herzlichen Dank für dieses gayniale Interview.
Habt auch ihr Erfahrungen, Fragen oder Anregungen zu dem Thema Polyamorie, Polygamie oder anderen Beziehungsmodellen? Schreibt es uns gerne in den Kommentaren.
Wir freuen uns auf euer Feedback!
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