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„Queere Lebensrealitäten müssen auch in den Schulen landen.“ – Moderatorin Maria Popov im Interview

Autorin: Sanja-Marie Schiffer

Maria Popov ist Redaktionsleiterin und Moderatorin bei dem Youtube-Kanal „Auf Klo”. Sie engagiert sich sowohl vor als auch hinter der Kamera für Themen rund um Queerness, Feminismus und soziale Gerechtigkeit. In ihrem Instagram-Profil und auf YouTube klärt sie ihre Zuschauerschaft über die verschiedensten Dinge auf. Egal ob Tourette, Sexspielzeug oder Secondhand-Shopping, Maria traut sich an jedes Thema. 

Mit „Busenfreundin – das Magazin” redet sie darüber, wieso sie sich als queer und nicht als lesbisch bezeichnet, ob sie sich repräsentiert fühlt und wieso queere Aufklärung bei Jugendlichen wichtig ist.

Busenfreundin-Magazin: Du identifizierst dich selbst als queer. Was heißt eigentlich Queer?

Maria Popov: Seit den 90er Jahren benutzen z.B. Lesben, Schwule und Bisexuelle den Begriff, um ihre Sexualität zu beschreiben. Was vorher als Schimpfwort für selten und komisch galt, ist heute eine stolze Selbstbezeichnung geworden.

Busenfreundin-Magazin: Warum bezeichnest du dich als queer und nicht als lesbisch oder pansexuell?

Maria Popov: Queerness ist für mich ein Sammelbegriff für viele Sexualitäten, die man darunter fassen kann. Es bedeutet für mich „nicht-hetero“. Das ist für mich ausreichend um fremden Menschen z.B. von meiner Diskriminierungserfahrung zu erzählen. Sexualität ist fluide, deswegen ist auch ein Sammelbegriff für mich zutreffend.  

Busenfreundin-Magazin: Fühlst du dich als queere Person unterrepräsentiert? Gibt es gute Identifikationsvorbilder? 

Maria Popov: Auf jeden Fall fühle ich mich unterrepräsentiert. Ich will Statistiken zu queerer Sexualität, Familienprogramme, Aufklärung in Schulen und noch mehr.
Die Vorbilder gibt es trotzdem. Das sind queere Menschen, die sich ihre Sichtbarkeit hart erarbeitet haben. Aber die Menschen in Machtpositionen tun zu wenig, um diese Menschen zu unterstützen.

Busenfreundin-Magazin: Wie gehst du genau bei der queeren Aufklärung von Jugendlichen vor und inwiefern hilft dir die Arbeit bei Auf Klo” dabei?

Maria Popov: Ich arbeite bei „Auf Klo” in Vollzeit. Das ist also die Aufklärungsarbeit, die ich mit meinem Job vereinen darf. Auf meinem Instagram-Profil kläre ich auch auf, aber da das meine Freizeit ist, bin ich da deutlich beschränkter. 
Bei „Auf Klo”beschäftigen wir uns mit Geschichten von Menschen, denen zu wenig zugehört und mit Themen, denen keine ausreichende Plattform gegeben wird. Warum adoptieren weiße Menschen Kinder aus Haiti? Welche Menstruationsprodukte benutzt ein Transmann? 
Die Arbeit bei „Auf Klo” gibt den Themen eine immense Reichweite, die ich als Redaktionsleiterin setzen darf.

Busenfreundin-Magazin: Wie wird die queere Aufklärung von den Jugendlichen selbst aufgenommen? Wie von den Eltern?

Maria Popov: Gerade für die Themen, die Jugendliche in der Sexualbildung vermissen, bekommen wir sehr viel Wertschätzung. Welche Nippel sind normal? Warum der Mythos Jungfernhäutchen? Da bekommen wir sehr viel positive Rückmeldung. Außerdem empfinden die Zuschauer*innen „Auf Klo” als Safe Space, wo sie auch bereit sind, ihre eigene Geschichte zu teilen. Dieses Vertrauen macht mich super glücklich.
Auch Eltern schreiben uns, dass unsere Videos ihnen helfen z.B. die Trans-Identität ihrer Kinder zu verstehen. Kein öffentlich-rechtlicher Kanal hat so viel Repräsentation von verschiedensten queeren Identitäten.

Busenfreundin-Magazin: Inwiefern sollte dies in Schulen umgesetzt werden und was wird bereits umgesetzt?

Maria Popov: Queere Lebensrealitäten müssen auf jeden Fall auch in den Schulen landen. Dass auch Lesben sich über Verhütung Gedanken machen müssen und dass Biologie nicht ohne soziale Strukturen zu denken ist, ist wichtig. Nur so kann Transfeindlichkeit im Bio-Unterricht verhindert werden. Die Suizidrate von Trans-Teens ist super hoch. Da muss sich etwas tun und Schulen tragen da eine sehr hohe Verantwortung.

Busenfreundin-Magazin: Es passieren laut offiziellen Statistiken immer noch regelmäßig übergriffe auf Menschen mit LGBTQ+-Bezug. Müssen wir die Aufklärungsangebote ausweiten?

Maria Popov: Queer- und transfeindliche Übergriffe sind u. A. Produkt fehlender Aufklärung. Aber auch von Behörden müssen diese Zahlen ernst genommen werden und mit Schulungen von beispielsweise Polizeipersonal dagegen vorgegangen werden.

Busenfreundin-Magazin: Queere Verhütung sorgt auch bei Erwachsenen oft für Fragezeichen. Welche gängigen Verhütungsmittel gibt es und wie kann man sich als Erwachsener dementsprechend informieren?

Maria Popov: Prep, Lecktücher und jede Verhütung, die auch bei heterosexuellem Geschlechtsverkehr gängig ist, muss bedacht werden. Die pro familia, Aidshilfen und phenomenelle.de sind einige Anlaufstellen. 

Busenfreundin-Magazin: Drogerien und Supermärkte scheinen ausschließlich Kondome zu haben. Woher bekommt man eigentlich Verhütungsmittel wie Lecktücher?

Maria Popov: Kondome aufschneiden geht auch,  bietet aber nicht so viel Fläche und ist glitschiger. In manchen Apotheken und hauptsächlich online gibt es Lecktücher zu kaufen.

Busenfreundin-Magazin: Wie wird sich der gesellschaftliche Blick auf Queerness in den kommenden Jahren verändern, was denkst Du?

Maria Popov: Ich denke, wir bleiben erst noch lange im Tokenism hängen – heißt u.a. dass eine Transperson mal auf ein Werbeplakat gepackt wird, aber unsere Community und Transpersonen selbst nicht wirklich davon profitieren. 
Damit sich etwas ändert, müssen nicht nur heterosexuelle Menschen bereit sein, von ihrem Kuchen etwas abzugeben, sondern auch andere privilegierte Menschen wie schwule Männer. Das Ziel ist weit weg, aber den Weg müssen wir trotzdem gemeinsam gehen. Jeder einzelne Schritt im Prozess ist wichtig.

Busenfreundin-Magazin: Vielen Dank, für das tolle Interview, Maria!


Wie lief die Aufklärung bei euch in der Schule? Habt ihr euch danach auf gleichgeschlechtlichen Sex vorbereitet gefühlt? Lasst uns eure Antworten gerne in den Kommentaren!


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