fbpx
Ok, krass!

Generation Gay: Primitives Pinkwashing zur Pride?

Levi’s macht es, McDonalds macht es, Mercedes macht es und sogar die Deutsche Bahn. Das Geschäft mit der Regenbogenflagge ist in den Sommermonaten nicht mehr wegzudenken. Zu verlockend ist es für (Groß-)Konzerne, auf der Pride-Welle mitzureiten – beziehungsweise im konkreten Fall der Deutschen Bahn auf den Pride-Zug mit aufzuspringen. Jedes Jahr werden die Produkte diverser, gayer und bunter.  Frage: Ist das noch Pride oder kann das weg?

In meiner Wahrnehmung ist „Pinkwashing“ (zu Deutsch: „Pinkwashing“) prinzipiell nichts Schlechtes. Die intensivere Bewerbung von bestimmten Produkten, Personen, Ländern oder Organisationen durch eine  gezielte Identifizierung mit der LGBTIQ-Bewegung während der Pride-Season führt zu mehr Sichtbarkeit und einer stärkeren Auseinandersetzung mit dem Thema „Queerness“. Werden die Kampagnen klug, emphatisch, wertschätzend und auch außerhalb der CSD-Saison umgesetzt – why not? Ich identifiziere mich gerne mit einer Marke, die es schafft, mich, als Teil der Community, abzuholen.

Die Problematik mit den „I eat pussy“-Shirts

Ich finde beispielsweise hochwertigen, durchdachten LGBT-Merch cool. Solange auf den Shirts nicht in vier unterschiedlichen Grafikschriften „I eat pussy“, „I licked it so it’s mine“ oder „2Cute2biGay“ steht. Oder habt ihr schon mal heterosexuelle Menschen gesehen, die Shirts tragen, auf denen „Ich stehe auf Penisse“, „Blasen kann ich… an den Füßen nicht ertragen“ oder „Hetero. Deal with it!“ steht? Das alles waren Gründe, warum ich hier im Magazin Merch anbieten wollte, den man gerne trägt, ohne darauf zu warten, dass es Nacht wird, um nicht mit dem Shirt gesehen zu werden.

Zurück zum Thema: Vor einigen Jahren wäre eine positive LGBTIQ-Identifikation einer Marke undenkbar gewesen. Daher finde ich, dass nichts falsch daran ist, Werbung mit der LGBTIQ-Identifikation zu kreieren.

Dennoch sollte man das Thema Pride-Werbung differenziert betrachten und das Geschäft mit dem Regenbogen auch mal kritisch hinterfragen. Der jüngste Werbespot der Deutschen Bahn, Europas größtem Eisenbahnunternehmen, brachte mich dazu, dies zu tun.

Es kommt auf die Message an

Ich bin dafür, dass es Werbespots gibt. Ich bin auch dafür, dass das Thema „Queer” sichtbar ist. Aber die Inhalte, die mit Pride-Werbung transportiert werden, sollten für die Menschen mit LGBTIQ-Bezug im Einklang stehen. Das gilt auch für die Wahrnehmung der LGBTIQ-Community von außen. Jetzt kann man natürlich argumentieren: „Aber die Inhalte der Deutschen Bahn können doch satirisch aufgefasst werden!“ Ja, können sie. Und ich finde, dass Satire sehr viel darf, wenn sie mit der entsprechenden Message rausgeht. Außerdem finde ich es selber äußerst amüsant, wenn jemand Klischees klug auf die Schippe nimmt. Es ist aber genau die erwähnte Message, die hakt.

Im Werbespot der Deutschen Bahn wird durch den Claim „Einziganders“ das Bild geformt, Queer-Sein sei „einzigartig“ und “anders“. Das Ziel der Community und ihren Allies ist doch, „equal“, also gleich, zu sein. Wenn diese Message noch von überzeichneten, klischee-igen Bildern geschmückt wird (um nochmal bildlich zu zeigen, wie ein typisch schwuler Mann oder eine typische Drag-Queen wahrgenommen wird), hat es für mich einen Beigeschmack. Wir sind inzwischen doch so viel mehr als in „Lack und Leder“ gekleidete schwule Männer, überemotionale Drags oder DIY-liebende Frauen. Es ist die Vielfalt und das Verständnis, dass jeder so akzeptiert werden sollte, wie er nun eben ist.

„Einziganders“ war demnach nicht der klügste Claim. Sicherlich gibt es schönere, die die Deutsche Bahn im Rahmen der Pride-Season hätte wählen können, z.B. „Wir bringen euch zu eurer Liebe (wenn auch mit Verspätung)“, „Die Freude auf Urlaub ist immer gleich. Wie wir alle (wenn auch mit Verspätung)“ oder „Gay-Sein bedeutet für uns: Wirbelstrombremse der Baureihe 406F (wenn auch mit Verspätung)“.

Und nun?

Inzwischen hat sich die DB bei uns gemeldet und ist offen für eine Diskussion. Chapeau, das zeigt Stärke und Offenheit. Zusammen mit Lars Tönsfeuerborn von „schwanz&ehrlich“ werde ich mit der Deutschen Bahn sprechen. Ich freue mich auf den Austausch mit Europas größtem Eisenbahnunternehmen – und das meine ich ernst. Denn nur durch den offenen Diskurs und mit starken Botschaften können wir etwas verändern.

I’ll keep you updated (wenn auch mit Verspätung)

Ricarda


Themen die aufregen, beschäftigen oder erfreuen:



Abonniert gerne unseren Newsletter, wenn ihr stets up to date sein wollt:

4 comments

  1. Für mich steht #einziganders nicht im Widerspruch dazu, dass wir alle gleich sind – egal wen wir lieben. Wir sind alle einzigartig und anders – und genau das macht uns wieder gleich. Ich bin gern Teil der DB-Mannschaft mit so vielen unterschiedlichen Kolleginnen und Kollegen! #einziganders wird bei der DB auch sehr vor intern benutzt – und ja, im Zusammenhang mit dem Spot kann man sich streiten, ob er passt. ?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert