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Busenfreundin International

Royal, out & proud: Ein Interview mit dem ersten schwulen indischen Prinzen Manvendra

Autorin: Sanja-Marie Schiffer

Prinz Manvendra ist der erste Royal, der sich öffentlich outete. Mit „Busenfreundin – das Magazin” sprach er darüber, wie sein Outing genau ablief, was danach passierte und wie es ist, in Indien gay zu sein.

Es ist gerade mal zwei Jahre her, dass das höchste Gericht in Indien den Paragrafen 377, der Homosexualität unter Strafe stellte, aufhob. Seitdem hat sich in Indien einiges in Sachen Toleranz und Akzeptanz gegenüber der LGBT-Community getan.

Einer muss es besonders gut wissen: Der erste offen schwul lebende Royal Prinz Manvendra Singh Gohil. Für„Busenfreundin – das Magazin“ gab er exklusiv ein Interview, in dem er über sein Outing, seinen Lebensweg und seine Pläne sprach.

Busenfreundin-Magazin: Sie sind von 1991-1992 verheiratet gewesen. Wussten Sie zu dieser Zeit, dass Sie sich zu Männern hingezogen fühlen und wenn ja, wie war es für Sie verheiratet zu sein?

Prinz Manvendra: Ich wusste schon immer, dass ich anders war. Aber zu der Zeit kannte ich das Wort „homosexuell“ noch gar nicht. Ich wusste nur, dass ich mich zu Männern hingezogen fühlte. Nach einem Jahr Ehe reichte meine ehemalige Frau die Scheidung ein. Sie sagte mir dann noch, dass ich niemand anderem das Leben versauen soll. Daraufhin habe ich mir erstmal eine Auszeit genommen, um mich selbst kennenzulernen.

Busenfreundin-Magazin: Und wie verlief dann Ihr Weg zu Ihrem historischen Outing?

Prinz Manvendra: Ich war wie gesagt auf der Suche nach mir selbst. Bei meiner Scheidung war ich 27 Jahre alt und als ich ungefähr 30 war, habe ich den führenden und ersten indischen LGBT-Aktivisten Ashok Row Kavi kennengelernt. Ich hatte viel über ihn gelesen und wollte ihn unbedingt treffen. Ich nenne ihn auch heute noch meinen „Godfather“. Er hat mir die LGBT-Szene in Mumbai gezeigt und mir bewusst gemacht, wie wichtig meine Rolle für die LGBT-Community in Indien sein könnte. Ashok Row Kavi arbeitete als Journalist und hat schließlich den Artikel über mich als schwulen Prinzen geschrieben. Dies war dann mein öffentliches Outing. Der Artikel erschien in „Divya Bhaskar“ und war somit die erste nicht-englischsprachige indische Zeitung, die positiv über Homosexualität berichtete.

Busenfreundin-Magazin: Was haben Sie in dem Moment gefühlt, als Sie öffentlich Ihr Outing bekannt gegeben haben?

Prinz Manvendra: Weil „Divya Bhaskar,“ nicht englischsprachig war, war die Reichweite des Artikels viel höher als bei einer englischsprachigen Zeitung in Indien. Deswegen hatte ich zunächst Angst vor den bevorstehenden Reaktionen und habe mich auch schuldig gefühlt. Mein Vorbild Mahatma Gandhi half und hilft mir allerdings als Inspiration, immer ehrlich zu sein.

Busenfreundin-Magazin: Was war für Sie die größte Herausforderung bei Ihrem Coming-Out?

Prinz Manvendra: Mein Ruf und der Ruf meiner Familie basiert auf einer 650 Jahre alten Dynastie, die es zu wahren galt. Meine Familie hat mich nach meinem Outing enterbt und es gab Proteste gegen mich. Es hat einige Zeit gedauert bis ich akzeptiert wurde. Aber dafür gebe ich nicht den Menschen selbst, sondern ihrer Ignoranz die Schuld.

Busenfreundin-Magazin: Sie waren seinerzeit der erste indische Adelige bei Oprah Winfrey. Wie wichtig ist Ihnen Ihre Rolle als LGBT-Botschafter für Indien?

Prinz Manvendra: Der Auftritt bei Oprah hat tatsächlich die Wahrnehmung von mir in Indien sehr verändert. Oprah ist in Indien sehr beliebt und wenn sie mich einlädt, dann kann ich ja nicht so schlimm sein.

Ich selbst sehe mich als Vertreter der indischen LGBT-Community und trage damit eine große Verantwortung. Mein royaler Status verhilft mir zu vielen Einladungen in verschiedene Länder und gibt mir die Möglichkeit zum Beispiel vor der UN zu reden. Viele Leute blicken zu mir hoch und ich muss vorsichtig sein, meine Botschaften auch so auszudrücken, dass sie von allen positiv aufgefasst werden.

Busenfreundin-Magazin: Gibt es Unterschiede in der Akzeptanz von LGBT-Personen innerhalb der verschiedenen Kasten und wie wirkt sich das aufs Land aus?

Prinz Manvendra: Wer zur höheren Schicht gehört, kann nicht homosexuell sein. Dafür hat man einen zu großen Ruf zu verlieren. Homosexualität ist vor allem mit Sex und Prostitution verbunden und das ist nur etwas für die unteren Kasten. Mein Outing hat an dieser Einstellung jedoch einiges geändert. Es hat gezeigt, dass jeder homosexuell sein kann – unabhängig der Kaste.

Busenfreundin-Magazin: Was erschwert Menschen in Indien das Coming-Out?

Prinz Manvendra: Inder sind meistens sozial an ihre Familien gebunden. Viele LGBT-Menschen werden von ihren Familien erpresst und in arrangierte Ehen gezwungen. Tatsächlich sind 80% der queeren Menschen in Indien in einer oftmals arrangierten Ehe. Nur so können dem Glauben zufolge ihre Eltern in den Himmel kommen. Somit ist ein Coming-Out in Indien immer mit einem Opfer verbunden. Das führt zu vielen, schwerwiegenden psychischen Problemen für Betroffene. Viele sind der Auffassung, dass sie in ihren früheren Leben schlechte Menschen waren und jetzt durch ihre Homo- oder Transsexualität bestraft werden.

Busenfreundin-Magazin: Inwiefern hat sich die Situation für die indische LGBT-Community verändert nachdem die Strafbarkeit homosexueller Handlungen aufgehoben 2018 wurde?

Prinz Manvendra: Das hat eine Menge verändert. Es gibt nun mehr Gleichberechtigung und gleiche Möglichkeiten. Es herrscht nun auch eine viel größeres Bewusstsein für die LGBT-Community. Man wird außerdem von vielen Medien nun akzeptiert und auch Bollywood hat sich durch das Urteil verändert.

Busenfreundin-Magazin: Haben Sie darüber nachgedacht, Indien für immer zu verlassen, um in einem liberaleren Land neu zu beginnen?

Prinz Manvendra: Eigentlich möchte ich in Indien bleiben und den Leuten dort helfen. Aber wenn sich eine Möglichkeit außerhalb des Landes ergibt, die trotzdem Indien helfen wird, würde ich sie ergreifen. Ich bin zum Beispiel Botschafter der Aids Healthcare Foundation in Los Angeles. Mein Ziel ist es aber immer, vor allem den indischen Menschen zu helfen.

Busenfreundin-Magazin: Ihr Traum ist es ein Zentrum für Schwule, Lesben und Transgender, das erste überhaupt in Indien mitten auf dem Land zu eröffnen: was wird dieses Zentrum bieten?

Prinz Manvendra: Das Zentrum „Hanumanteshwar“ wird eine Menge anbieten. Es befindet sich auf dem Anwesen meines Großvaters und es wird unter anderem ein Skill Center, eine Bücherei, Räume für Yoga und Meditation und eine medizinische Abteilung geben. Es soll einen Safe Space darstellen. Aber auch Verbündete sind herzlich eingeladen, weswegen wir hier von LGBTQA+ reden; das A steht für “Ally”. Wir möchten unter anderem Menschen bei ihrem Coming Out unterstützen und wollen ihnen dafür sowohl sozial als auch finanziell unter die Arme greifen, damit sie ein unabhängiges Leben führen können.

Wir sind immer noch im Bauphase und werden durch Spenden finanziert.

Busenfreundin-Magazin: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!

Über Prinz Manvendra:

Manvendra Singh Gohil ist der erste indische Royal, der sich 2005 öffentlich als schwul geoutet hat. Er war der erste Royal überhaupt, der sich zu seiner Homosexualität bekannte. Manvendra gründete die Wohltätigkeitsorganisation„Lakshya Trust“, die HIV- bzw. AIDS-Projekte in Indien unterstützt. Seine Stiftung Lakshya Trust gewann 2006 den Civil Society Award. 2018 öffnete Prinz Manvendra seinen Palast für schutzbedürftigen Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuelle, die von ihren Angehörigen verstoßen wurden.

Wenn ihr Prinz Manvendra zum Bau seines Zentrums unterstützen wollt, könnt ihr hier spenden: https://lakshyatrust.ketto.org. Wenn ihr mehr über ihn und seine Arbeit erfahren wollt, dann checkt seine Webseite: http://www.lakshyatrust.com.


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